[first published on Senfblog.de October 29th, 2012]
Vor 2 Jahren schuf sich Sylvester Stallone mit „The Expendables“ seinen filmischen Lebensrückblick; eine Art Testament und Epilog zugleich. Abgesehen von ein paar Filmen wie „JCVD“ oder „Opening Night“ arbeiten sehr wenige Filme so bewusst mit den Biografien seiner SchauspielerInnen aus dem echten Leben und schaffen dadurch etwas, was über das „normale sehen“ hinaus geht. „The Expendables“ setzte eine Grundkenntnis des Actiongenres, seiner Protagonisten, seiner Geschichte und seiner Regeln voraus, wie kaum ein Film es vom Publikum fordert, um voll genossen zu werden. Jetzt ist seit einigen Wochen „The Expendables 2“ draußen und hier kommt die etwas verspätete Kritik dazu. So viel vorab: die Fortsetzung steht dem ersten in nichts nach, sondern geht in allem was der erste Teil gut gemacht hat noch einen Schritt weiter. Diesmal führte nicht wie beim Vorgänger Stallone selber Regie, sondern Action-Spezialist Simon West, der schon bei „Con Air“ und „Lara Croft“ auf dem Regiestuhl saß.
Die Söldner-Truppe um den Kopf Stallone, alias Ross, herum ist wieder vereint. Von Statham bis Lundgren sind alle erneut mit von der Partie und dazu noch der junge Ex-Soldat Billy (Liam Hemsworth), der als Scharfschütze die Truppe unterstützt. Bei einem scheinbaren Routineauftrag werden die Totenköpfe von (sehr einfallsreich) Vilain, gespielt von Martial-Arts-Legende Jean-Claude Van Damme, und seiner bösen Gruppierung überrascht und der junge Billy wird getötet. Vilain hat eine sowjetische alte Plutoniummine gefunden, deren Inhalt in den falschen Händen „die ganze Welt durcheinander bringen kann“ und somit wollen die Expendables nicht nur ihren gefallenen Kameraden Billy rächen sondern natürlich auch noch die Welt retten. Der Plot ist also ein einziges Action-Klischee an sich und das ist auch was den Film so gut funktionieren lässt. Obwohl es zahlreiche Plot-Löcher gibt, verzeihen wir sie bereitwillig in dem Wissen, dass es nicht darum geht. Außerdem ist der Film so selbstreflexiv und die Dialoge so voller Ironie, dass wir permanent bei Laune gehalten werden.
Die Actionszenen sind alle wirklich gut gedreht und jeder der Expendables bekommt seine mehr oder weniger langen Auftritte bei denen er seine Stärke zeigen kann. Großartig ist der Cameo von Chuck Norris, der schrecklich einfallslos unterlegt von dem „The Good, the Bad and the Ugly“-Thema, alleine die Truppe aus einer schier ausweglosen Situation herausbombt. Das kann sich der Film erlauben: wenn die Protagonisten und das Drehbuch in der Klemme steckt, kommt halt ein Norris, ein cooler Spruch oder ne krasse Explosion und rettet alles. Teilweise wünscht man sich etwas mehr Orientierung in den Action-Sequenzen und ein oder zwei Sprüche weniger von Statham, der einfach besser ist wenn er kämpft oder böse guckt, als wenn er spricht (ja, ja ich weiß, „Snatch“). Der Rest der Truppe, insbesondere Willis und Schwarzenegger, machen ihre Sache wirklich gut. Vor allem Arnie hat nichts an Präsenz verloren und die Szene mit ihm und Bruce im Smart ist einfach großartig. Leider schafft es der finale Clash zwischen Stallone und Van Damme nicht an andere große Endkämpfe wie in „Rocky“ oder auch „The Quest“ heran zu kommen. Generell hätte der Figur von Van Damme, der seine Sache in den kurzen Auftritten sehr gut macht, mehr Zeit gegeben werden müssen. Auch wenn der Film eine Persiflage ist, muss ein Grundmaß an Charakter da sein und die Figur bewegt sich haarscharf an der Grenze dazu zu wenig Projektionsfläche bieten zu können.
Man kann nur hoffen, dass nicht zu viele Fortsetzungen folgen, weil irgendwann der „Wir machen uns über uns selber lustig“-Effekt abgedroschen sein wird. Trotzdem ist der zweite Teil der Reihe wirklich sehenswert und richtig gutes Popcorn-Kino. Wenn man mal komplett auf Kopfleere schalten will ist der Film genau das richtige, aber auch wenn man etwas mitdenken möchte hat „The Expendables 2“ genügend Meta-Ebenen um Spaß zu machen.
Fazit: Herrlich übertriebenes Action-Kino