[first published Senfblog.de October 15th, 2012]
2005 hatte Ryan Johnson mit „Brick“ einenriesigen Überraschungserfolg gelandet und einen der wichtigsten Noir-Filme der 2000er gemacht. Gleichzeitig hatte der Film dem Jungstar Joseph Gordon-Levitt die Legitimierung im Independent-Bereich eingebracht. Der Film war originell, einzigartig, extrem präzise und komplex gestrickt. Zumindest ‚originell’ und ‚komplex gestrickt’ lässt sich auch über „Looper“ sagen und Levitt spielt wieder die Hauptrolle. Der Film unterhält wirklich gut, aber alles nur auf der Oberfläche. Je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger bleibt übrig. Damit ist er was das angeht genau das Gegenteil von „Brick“.
Die Geschichte ist kompliziert, wobei verwirrend wahrscheinlich das treffendere Wort ist. Also ich versuche es mal ohne es lächerlich klingen zu lassen. In der Zukunft gibt es Zeitreisen, aber nur die Bösen benutzen sie und auch nur zum töten von Menschen. Die Mafiosi der noch weiter entfernten Zukunft schicken ihre Opfer zurück in der Zeit und sogenannte Looper erledigen sie und entsorgen die Körper. Warum? Weil die „Technisierung“ Töten unmöglich gemacht hat… Ähhhh ja genau. Gerade dieses Gesetz “Töten geht nicht” wird halt einfach mal für den Hauptplot über Bord geworfen, aber ich bleibe mal Spoilerfree. Egal, Levitt ist einer dieser Looper und sehr gut in seinem Job. Irgendwann trifft er sein eigenes zukünftiges Ich (gespielt von Bruce Willis) und wird von ihm überwältigt. Das 30 Jahre ältere Ich flüchtet und Levitt beginnt ihn zu jagen, weil sonst sein eigenes Leben auf dem Spiel steht. Was Willis sucht ist zunächst unklar, ist jedoch in der Entfaltung dann nachvollziehbar (und das ist wenig bei diesem Film). Es jagt also ein junger Protagonist sein altes Ich; eine Prämisse, die wirklich Spaß bringt und auch nicht pointiert übernutzt wird. Ach ja, fast vergessen es gibt eine Mutation in der Zukunft und jeder 10. Mensch kann Gegenstände fliegen lassen (ähhhhhh ja).
Technisch ist der Film hochklassig und es kann jedem Kamerastudenten nur angeraten werden den Film zu sehen. Jede Einstellung ist sehenswert und selbst jede Nahe ist derart gefilmt, dass man sie lange studieren möchte. Auch das visuelle Konzept der Kostüme und der Locations (zwischen Gegenwart und Zukunft, sicherlich auch abgeguckt von Tatis Meisterwerk „Playtime“) ist durchdacht und durchaus vorstellbar, wenn auch etwas überstilisiert. Da wären wir auch schon bei einem der Probleme des Filmes; alles ist cool und auch die wunderschöne Kamera fühlt sich öfters nach Effekthascherei an, denn nach dem besten Mittel. Das größte Problem ist jedoch die Oberflächlichkeit nahezu aller Figuren: die Bösen sind alle nur böse ohne jegliche Wandlung oder Handlung; die Figuren haben kaum Leben, wirken mehr als reine Zweckerfüller um die Geschichte voran zu treiben. Da wäre die wunderschöne Emily Blunt, die so offensichtlich nur als hübsches weibliches Gegengewicht in den Film geschickt wurde und so weiter. Die Welt die kreiert wurde bricht unter der Lupe sofort. Im Prinzip lässt sie sich in einem „Satz“ zusammenfassen: Viel Kaputt, wenig Menschen reich, fast alle arm. Das Ende ist leider deutlich vorher absehbar, was bei einem Film, der auf einen End-Twist aufbaut immer problematisch ist. Alle Actionsequenzen funktionieren wirklich gut, was auch stark an der Kamera und dem extrem guten Schnitt liegt. Außerdem zeigt Levitt erneut warum er als eines der großen Schauspieltalente Hollywoods gilt. Teilweise musste ich sehr schmunzeln, wenn erkennbar wird wie viel besser er Willis spielen kann, als dieser selbst.
Die großen Themen werden bei „Looper“ alle angekratzt aber nicht richtig behandelt. Der Film ist ein Action-Film im Sci-FI-Genre, mehr nicht, aber weniger auch nicht. Das heißt er unterhält, aber schafft nicht mehr. Er schickt uns nicht in eine riesen durchdachte Welt wie „Blade Runner“ oder „Fahrenheit 451“. Nein, bei „Looper“ enden die Grenzen der Welt im Film. Die Welt geht zu Grunde bla, China kommt an die Macht bla, bla bla bla. Als Spaßfilm bei dem Levitt (schrecklich geschminkt um Willis ähnlicher zu sehen) Bruce Willis jagt, reicht er. Aber wenn Filme mit der Analyse schlechter werden, ist dies ein Zeichen für deren Schwäche…